Bahnstrecke Hamburg-Berlin: Eine Vollsperrung und eine verfehlte Verkehrspolitik
Seit dem 16.08.24 ist die lang angekündigte erste Vollsperrung der Bahnstrecke Hamburg – Berlin für Sanierungsarbeiten in Kraft. Hierzu äußert sich Dr. Gregor Naths, Mitglied im Ausschuss für Regionalentwicklung und Mobilität:
„Lange war es angekündigt, nun ist es soweit: Seit dem 16. August ist die Bahnstrecke Hamburg – Berlin für laut Deutscher Bahn dringende und unaufschiebbare Sanierungsarbeiten voll gesperrt. Kein Zug fährt mehr zwischen Hamburg und Büchen. Die Pendlerinnen und Pendler sind auf das Funktionieren eines Schienenersatzverkehrs angewiesen – oder nutzen gleich wieder ihr Auto. Und das dicke Ende kommt erst noch: Zwischen August 2025 und April 2026 plant die DB die „offizielle“ Generalsanierung mit erneuter Vollsperrung.
Man sieht diese Situation mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Positiv ist zu werten, dass z. B. endlich die lange geforderte Bahnsteigverlängerung in Schwarzenbek und Müssen angegangen wird. Und natürlich, dass überhaupt ein Ausbau (2025/2026) der Strecke zur Kapazitätssteigerung erfolgen soll, z. B. durch Wiedereinbau von vorher aus Kostengründen ausgebauten Weichenverbindungen. Negativ bleibt aber festzuhalten: Monatelang wird das Herzogtum, abgesehen von der S-Bahn ab Aumühle, die (zum Glück) nicht Bestandteil der Sperrung ist, vom Bahnverkehr Richtung Hamburg abgeschnitten und ist auf Busersatzverkehr angewiesen. Eine bessere Werbung für den Rückumstieg auf den privaten PKW für den täglichen Weg zur Arbeit nach Hamburg hätte sich niemand ausdenken können. Die DB gibt durchaus gute Gründe an, warum die Arbeiten an den Gleisen nur unter Vollsperrung erfolgen können, und immerhin wird der RE1 ab Oktober 2024 wieder eingeschränkt verkehren. Aber dennoch erinnern sich vielleicht manche, dass sowohl der Ausbau der Strecke nach der deutschen Wiedervereinigung (Stichwort „Diesel-Shuttle“), die Elektrifizierung als auch die Ertüchtigung zur Schnellfahrstrecke Anfang der 2000er ohne Vollsperrung erfolgen konnten. Nun ja. Das waren wohl andere Zeiten.
Wir FREIE WÄHLER Herzogtum Lauenburg freuen uns über jede Investition in die Schiene und insbesondere darüber, dass endlich die lange versprochenen Ausbaumaßnahmen in den Bahnhöfen des Kreises stattfinden sollen, von denen die Pendlerinnen und Pendler in Zukunft profitieren werden. Wir bemängeln aber auch die sträflich vernachlässigte Infrastruktur der Bahn im Kreis, die ein anschauliches Beispiel für eine völlig verfehlte Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte darstellt. Auch bedauern wir die teilweise nicht nachvollziehbaren Ausbauschritte z. B. im Bahnhof Büchen, die keinerlei Reservekapazität für zusätzliche Gleise ließen und lassen. Hier wurde schon Anfang der 2000er nicht weit genug gedacht, und mit dem geplanten Neubau eines Außenbahnsteigs Richtung Lüneburg wird derselbe Fehler wiederholt.
Schlussendlich, und das wird spätestens bei der geplanten Generalsanierung unter Vollsperrung der Strecke Lübeck – Hamburg ein ganz großes Problem werden, wurde und wird die Hauptstrecke Lübeck – Lüneburg weiter komplett vernachlässigt. Bis zum Geht-Nicht-Mehr zurückgebaut, überwiegend eingleisig und nicht-elektrifiziert, ist sie ein Engpass und ein Trauerspiel für einen modernen Schienenverkehr sondergleichen. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen und der Bund in die Pflicht genommen werden.
Wir FREIE WÄHLER setzen uns ein für ein Umdenken in der Bahnpolitik. Es wäre höchste Eisenbahn.“